CORONA: Gesetzgebung im Insolvenzrecht für insolvenzbedrohte Unternehmen und ihre Gläubiger
Seit Gründung der Kanzlei 1950 betreuen wir Menschen, Unternehmen und Institutionen in allen rechtlichen Fragen – vor Gericht und am Verhandlungstisch.
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Alle Insolvenz-Texte verfasst von © Rechtsanwalt Christoph Span
Insolvenzrecht | Schacht Unternehmeranwälte | Gunzenhausen
Im Zuge der Corona-Krise hat der Gesetzgeber in großem Tempo (vorübergehende) Änderungen auch und vor allem im Bereich des Insolvenzrechts vorgenommen. Wir informieren Sie prägnant über das Wesentliche:
Der Gesetzgeber hat die Insolvenzantragspflicht vorübergehend (zunächst bis zum 30.09.2020) ausgesetzt. Er will so erreichen, dass Unternehmen auch während der Corona-Krise fortgeführt werden können.
Betroffene Unternehmen
Geregelt ist die Insolvenzantragspflicht nur für bestimmte Schuldner, nämlich juristische Personen (GmbH, AG u.a.) und Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person als Gesellschafter mit seinem Privatvermögen voll haftet (häufig GmbH&Co. KG). Für andere Schuldner besteht unabhängig von der COVID-19-Gesetzgebung keine Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen.
Auslöser der Pflicht
Der Antrag muss gestellt werden, wenn der Schuldner zahlungsunfähig und/oder überschuldet ist.
Änderung durch die COVID-19-Gesetzgebung
Der Gesetzgeber hat die Insolvenzantragspflicht zunächst befristet bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Insolvenzreife (also die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
Gesetzliche Vermutung
War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen
Bitte lesen Sie unseren Artikel zur Insolvenzantragspflicht.
Der Gesetzgeber hat auch die Gefahren abgemildert, die sich für für den Antragspflichtigen aus einer Verletzung der Antragspflicht ergeben.
Wer ist antragspflichtig?
Antragspflichtig sind die Mitglieder des Vertretungsorgans (Geschäftsführer, Vorstand) sowie (sofern ein solcher eingesetzt ist) der Abwickler. Ist die Gesellschaft führungslos, müssen GmbH-Gesellschafter oder Aufsichtsräte (AG, eG) den Antrag stellen.
Wie rasch müssen sie handeln?
Der Antrag muss unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden.
Was droht, wenn die Pflicht verletzt wird?
Sowohl die strafrechtlichen als auch die zivil- und handelsrechtlichen Folgen einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht sind erheblich, so drohen etwa dem Geschäftsführer einer GmbH
Wie hilft die COVID-19-Gesetzgebung im Strafrecht weiter?
Durch die vorübergehende Abmilderung der Insolvenzantragspflicht (siehe oben) verringert sich das Risiko der Strafbarkeit und damit auch die Gefahr, kein Geschäftsführeramt mehr ausüben zu können, erheblich.
Einschränkung der finanziellen Haftung
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Gefahr der zivilrechtlichen, also finanziellen Haftung der Geschäftsführers erheblich abgemildert: Er haftet sonst für sämtliche Zahlungen, die die Gesellschaft nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geleistet hat. Ausgenommen sind nur solche Zahlungen, die mit der „Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmanns“ vereinbar sind.
Mehr Zahlungen in der Krise erlaubt
Nun sollen zu diesen „erlaubten Zahlungen“ auch ausdrücklich solche zählen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen. Es gibt damit für den Geschäftsführer somit mehr Spielraum.
Vorsicht geboten!
Es ist dennoch Vorsicht geboten. Denn bereits jetzt ist absehbar, dass sich aus den Unsicherheiten, die das Gesetz gelassen hat, Streitigkeiten ergeben werden. Es bleibt bei dem Rat, regelmäßig die Liquidität zu prüfen und zu dokumentieren. Kann sie auch mit den staatlichen Hilfen (wie Kurzarbeit, Sicherheiten für Darlehen und Steuerstundungen) nicht verbessert werden, sollte dringend Rat vom Fachmann eingeholt werden.
Der Gesetzgeber möchte, dass auch von der Krise gefährdete Unternehmen weiterhin mit Krediten versorgt werden. Er hat deshalb die Regeln über die Insolvenzanfechtung vorübergehend angepasst.
Worin besteht ohne die COVID-19-Gesetzgebung die Gefahr für den Darlehensgeber?
Gewährt ein Darlehensgeber einem späteren Schuldner einen Kredit, erhält er in den meisten Fällen auch die Darlehensraten bezahlt. In vielen Fällen leistet der Schuldner eine Sicherheit. Wird über das Vermögen des Schuldners später das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen die Zahlungen und die Sicherheiten vom Schuldner zurückfordern, indem er die Insolvenzanfechtung erklärt. Dies gilt insbesondere, wenn der Darlehensgeber von der Krise des Schuldners weiß.
Besondere Gefahr: Vorwurf des sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung
In besonderen Fällen läuft ein Darlehensgeber sogar Gefahr, sich dem Vorwurf eines sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung auszusetzen.
Wo greift die COVID-19-Gesetzgebung nun ein?
Voraussetzung für die Insolvenzanfechtung ist, dass eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt. Fehlt sie, kann der Insolvenzverwalter weder die Zahlungen noch die Gewährung von Sicherheiten anfechten; der Darlehensgeber kann also behalten, was er vom Schuldner bekommen hat. Der Gesetzgeber hat nun für einen begrenzten Zeitraum bestimmt, dass die Rückzahlungen neuer Darlehen und die Gewährung von Sicherheiten für ein solches Darlehen nicht gläubigerbenachteiligend sind. Der Schuldner wird somit vor der Insolvenzanfechtung geschützt.
Eigene Regelung zum Vorwurf der Insolvenzverschleppung
Ausdrücklich hat der Gesetzgeber geregelt, dass die Gewährung von Darlehen in dem Regelungszeitraum ebenso wenig als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen ist wie das Stellen von Sicherheiten. Auch hierdurch werden Darlehensgeber (und Darlehensnehmer) geschützt.
In welchem Zeitraum gelten die Regeln?
Die Regeln gelten für Darlehen, die nach Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewährt werden (also ab 01.03.2020). Nicht angefochten können Rückzahlungen und die Stellung von Sicherheiten bis 30.09.2023. Die Sonderregel über den Vorwurf des sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung gilt zunächst nur bis 30.09.2020.
Vorsicht geboten
Auch wenn die Regelungen des Gesetzgebers sehr weitreichend zugunsten der Vertragsparteien eingreifen, sollten Sie im Zweifel anwaltlichen Rat suchen, um Gefahren auszuschließen oder zumindest zu minimieren.
Das Insolvenzgericht eröffnet ein Insolvenzverfahren niemals von sich aus. Notwendig ist vielmehr der Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers. Das Recht der Gläubiger zur Stellung eines solchen Antrags schränkt die COVID-19-Gesetzgebung nun allerdings für einen begrenzten Zeitraum ein.
Gläubigerantrag nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
Gläubiger können demnach einen Antrag nur noch dann stellen, wenn der Insolvenzgrund (also die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) bereits vor dem 01.03.2020 vorgelegen hat.
Zeitraum der Einschränkung
Die Einschränkung gilt bzw. galt zunächst nur zwischen dem 20.03.2020 und dem 28.06.2020.
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Absonderung
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Anfechtungsgesetz
Bargeschäft
Bankrott
Berichtstermin
Bestellung des Insolvenzverwalters
Bestrittene Forderung
Drohende Zahlungsunfähigkeit
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens
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Birgit Frenzel
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