Ausgangspunkt: Digitalisierung des Alltags
Obwohl die Digitalisierung unseren Alltag stark beeinflusst hat, sollte man nicht automatisch davon ausgehen, dass sich das Recht bereits an diese Entwicklung angepasst hat. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob die Nutzung von modernen Schreibhilfen wie z. B. Smart- oder Touchpens bei der Errichtung eines Testaments nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB zulässig ist.
Ein eigenhändiges Testament muss auf dem klassischen Wege verfasst werden
Wer ein eigenhändiges privates Testament nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB errichten möchte, sollte lieber die Finger von dem PC lassen und nach einem Stift und Papier greifen. Für die Errichtung dieses Testaments ist es essenziell, dass der Erblasser es eigenhändig geschrieben und unterzeichnet hat. Aber was ist mit anderen modernen Hilfsmitteln wie dem Smart- oder Touchpen? Stehen auch diese Hilfsmittel der Wirksamkeit des persönlichen Testaments entgegen?
Was ist ein Smartpen?
Smartpens werden auch Digitalstifte genannt. Sie erfassen einen handschriftlich verfassten Text und speichern ihn ab.
- Die Smartpens werden wie normale Stifte auf Papier verwendet.
- Der Stift enthält eine Infrarotkamera, die den handschriftlichen Text erfasst und auf einem internen Speicher sichert.
- Die gesicherten Datenwerden anschließend via Bluetooth, Wifi oder USB-Schnittstelle an einen PC oder ein Tablet gesendet.
Was ist ein Touchpen?
Touchpens sind Eingabehilfen für Smartphones oder Tablets. Auf Tablets können sie auch zum Verfassen von handschriftlichen Texten genutzt werden.
- Der Touchpen fungiert normalerweise als Eingabehilfe. Nutzer können bei der Verwendung ihres Tabletts oder Smartphones Eingaben gezielter vornehmen und müssen den Bildschirm nicht mit ihren Fingern berühren.
- Soweit Tablets eine Handschriftsoftware enthalten, kann mithilfe des Touchpens auf dem Touchscreen geschrieben werden.
- Der Text wird in handschriftlicher Form auf dem Tablet abgespeichert.
Kann ein Testament mit Hilfe des Smartpens errichtet werden?
Wenn der Erblasser den Smartpen verwendet, erstellt er zunächst ein „analoges“ Textdokument. Für die Testamentsqualität ist entscheidend, ob das digitale Dokument eine bloße Kopie des Testaments auf dem Papier ist oder ob der Erblasser zeitgleich ein selbstständiges Textstück in analoger Form erschaffen wollte (vgl. BGH 03.02.1967 – III ZB 14/66).
- Wenn der Erblasser ein Dokument mit dem Smartpen verfasst, ist davon auszugehen, dass er vorrangig ein physisches Textstück verfassen wollte. Ob der Erblasser dem digitalen Text eine eigenständige Bedeutung beigemessen hat, kann nicht einfach ermittelt werden und ist für den konkreten Einzelfall zu untersuchen.
- Die elektronische Version wird, soweit keine konkreten Anhaltspunkte etwas anderes nahelegen, rechtlich als Fotokopie des eigentlichen Textes eingeordnet.
- Fotokopien eignen sich nicht zur Errichtung eines persönlichen Testaments. Es handelt sich nicht um ein unmittelbar handschriftlich und eigenhändig errichtetes Dokument des Erblassers.
Auch wenn das digitale Testament selbst nicht als Testament fungieren kann, so kann ihm doch Indizwirkung zustehen, wenn es darum geht, die Existenz des analog verfassten Dokumentes nachzuweisen. Dies kann in Fällen relevant sein, in denen das Originalschriftstück nicht auffindbar ist.
Ist die Errichtung eines Testaments mit einem Touchpen möglich?
Wer einen Touchpen verwendet, erstellt keine physische Urkunde, sondern ausschließlich ein digitales Dokument.
- Wenn es um die Frage geht, ob ein mit einem Touchpen verfasstes Dokument eigenhändig errichtet wurde, gehen die Meinungen auseinander.
Kritiker der Testamentserrichtung mithilfe eines Touchpens argumentieren wie folgt:
- Es bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, die ursprüngliche Verfügung, des Erblassers auf dem Tablet nachträglich zu manipulieren (z. B. durch das Löschen einzelner Wörter).
Einige Aspekte sprechen allerdings für die Zulässigkeit eines Touchpens. Das Hilfsmittel kann die rechtlichen Voraussetzungen aus §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB erfüllen. Die Identitätsfunktion ist sowohl durch die Dauerhaftigkeit als auch durch die handschriftliche Verfassung des Testaments gewahrt.
- Das Schreiben mit dem Touchpen macht es möglich, dass handschriftlich Schriftzeichen verfasst werden.
- § 2247 Abs. 1 BGB setzt kein bestimmtes Material voraus, auf dem das Testament errichtet werden muss. Die Lesbarkeit und Dauerhaftigkeit ist entscheidend, sodass ein Testament auf den verschiedensten Materialien errichtet werden kann. Das digital verfasste Dokument kann somit auf dem Bildschirm des Tablets verfasst werden. Eine dauerhafte Speicherung des Dokumentes ist in der Regel auch unproblematisch möglich.
Die Errichtung kann außerdem in einigen Fällen unmittelbar allein auf dem Willen des Erblassers beruhend vorgenommen werden.
- Das Testament kann mit einem Touchpen unmittelbar errichtet werden, wenn die zwischengeschaltete Schreibsoftware fälschungssicher und funktionsgenau ist.
Ein mit einem Touchpen verfasstes Testament kann wirksam sein. Die Angaben beziehen sich allerdings ausschließlich auf die digitale, gespeicherte Textform.
Ein ausgedruckter Text erfüllt diese Voraussetzung nicht, da er eine einfache Kopie der digitalen Version darstellt. § 2247 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass das Testament verkörpert, also „analog“ vorliegen muss. Somit reicht die digitale Fassung vollkommen aus.
Das Fazit
Es besteht die Möglichkeit, dass ein digitales Dokument, welches mit einem Smartpen erstellt wurde, als persönliches Testament gewertet wird. Allerdings kommt es dabei auf die Umstände des Einzelfalls an. Aufgrund der Unsicherheiten, die mit einem Smartpen einhergehen, sollte der digitale Text nicht als Testament verwendet werden. Wer einen Smartpen zur Testamentserrichtung nutzt, sollte dies nur mit dem Hintergedanken machen, die digitale Version als Beweismittel für die Erben zu hinterlegen. Der digitale Text ist ein Beweisfür die Existenz eines handschriftlichen Testamentes und kann auch eine genaue Auskunft über den Verfassungszeitpunkt geben.
Ein Touchpen steht der Errichtung eines digitalen wirksamen Testaments nicht im Wege. Ausschlaggebend für die Wirksamkeit ist jedoch die Fälschungssicherheit der verwendeten Schreibsoftware auf dem Tablet. Der Erblasser sollte sich vor der Errichtung des Testamentes genau über die Voraussetzungen der Software informieren.