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Versagung der Restschuldbefreiung
– So kommen Gläubiger trotz eines insolventen Schuldners an ihr Geld

Wenn der Schuldner insolvent ist, müssen Gläubiger um ihre Forderungen fürchten. Regelmäßig reicht die Insolvenzmasse nur aus, allenfalls einen gewissen Anteil der jeweiligen Gläubigerforderungen (die sog. Quote) zu erfüllen. Wird einem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, können die Gläubiger den Rest ihm gegenüber nicht mehr geltend machen.

Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung bietet Gläubigern jedoch die Möglichkeit, auch nach dem Abschluss eines Insolvenzverfahrens noch an ihr Geld zu kommen. Selbst bei insolventem Schuldner lohnt es sich also nicht aufzugeben, wie eine aktuelle Entscheidung des BGH zeigt.

Das sollten Sie zu diesem Thema wissen:

Schuldner spricht dem Fiskus ein Grundpfandrecht an „seinem“ Haus zu:

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich mit einem Sachverhalt, in dem es um ein 2013 eröffnetes Insolvenzverfahren ging. Der Fiskus war einer der Gläubiger, da der Schuldner Tabaksteuern nicht gezahlt hatte. Im Rahmen des Verfahrens beantragte der Fiskus die Versagung der Restschuldbefreiung. Begründet wurde der Antrag damit, dass der Schuldner unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht haben soll. Konkret ging es um einen anwaltlichen Schriftsatz, welcher dem Fiskus weniger als drei Jahre vor dem Insolvenzantrag zugestellt wurde.

In dem Schriftsatz betonte der Schuldner, er habe mehrfach versucht, ein in seinem Eigentum stehendes Haus zu beleihen, um die Forderung bezahlen zu können. Der Beleihungswert der Immobilie sei offensichtlich ausreichend, um einen Kredit in der benötigten Größenordnung zu erhalten. Bisher sei eine Valutierung nur daran gescheitert, dass das Haus mit einer Arrestsicherungshypothek belastet sei. Sobald er den entsprechenden Kredit erhalte, werde er die Steuerschuld begleichen und den Bankkredit in Raten zurückzahlen.

Der Schuldner gab an, dass er bis zur Kreditgewährung bereit sei, dem Fiskus ein Grundpfandrecht an seinem Haus zu gewähren. Wenn die Forderung des Fiskus durch das Grundpfandrecht gesichert werde, müsse dieser jedoch alle weiteren offensichtlich bereits zuvor arrestierten Vermögenswerte freigegeben. In dem Schreiben beantragte der Schuldner zudem die Stundung der Forderung und bat um eine Ratenzahlung. Die Gläubigerin ging auf den Vorschlag ein. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass der Schuldner gar nicht der Eigentümer des Grundstückes war (BGH 18 .11 .2021 – Az.: IX ZB 1 / 21).

Was versteht man unter einer Restschuldbefreiung?

Die Restschuldbefreiung ist das Hauptziel der Privatinsolvenz. Häufig haben die Gläubiger in einem Insolvenzverfahren nur einen Teil ihrer Forderungen erhalten. Durch das Restschuldbefreiungsverfahren kann der Schuldner auf Antrag von seinen restlichen Schulden befreit werden. So wird verhindert, dass Gläubiger nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit haben, noch ausstehende Forderungen geltend zu machen.

Wann ist ein Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig?

  • Dem Schuldner darf innerhalb der letzten 11 Jahre keine Restschuldbefreiung erteilt worden sein.
  • In den letzten 3 Jahren darf ein Antrag nicht wegen einer Verletzung von gesetzlichen Auskunfts­ oder Mitwirkungspflichten abgelehnt worden sein.
  • Zudem darf ein Antrag auf Restschuldbefreiung in den letzten 5 Jahren nicht wegen einer nicht unerheblichen Insolvenzstraftat versagt worden sein.

Wann kann ein Schuldner damit rechnen von seinen restlichen Schulden befreit zu werden?

Nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens erfolgt die Befreiung von den restlichen Schulden, wenn der Schuldner…

  • für einen Zeitraum von drei bzw. bei wiederholtem Restschuldbefreiungsverfahren fünf Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine pfändbaren laufenden Bezüge an einen Treuhänder abgetreten und im Insolvenzverfahren mitgewirkt hat.

Die Restschuldbefreiung erhalten nur redliche Schuldner. Ist der Schuldner unredlich, so können die Gläubigergemäß § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen. Unredlich ist, wer…

  • …in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag wegen einer nicht unerheblichen Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
  •  …in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag unangemessene Schulden begründet oder Vermögen verschwendet hat.
  • …in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag falsche oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um Kredite zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.
  • …seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht nachkommt.
  • …keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder sich nicht um eine solche bemüht.

Wie hat das Gericht entschieden?

Nach Auffassung des BGHs ergab sich aus Gläubigersicht aus dem anwaltlichen Schriftsatz, dass der Schuldner Eigentümer des Grundstückes ist. Das Schreiben sei zwar von einem Anwalt verfasst worden, es sei jedoch nicht zu erkennen, dass der Anwalt eigenmächtig gehandelt habe oder von den Weisungen seines Mandanten abgewichen sei. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO setze nicht voraus, dass der Schuldner die Falschangaben höchstpersönlich mache. Sein Wissen und seine Billigung seien ausreichend.

Das Gericht war der Meinung, dass der Schuldner durch die unwahren Angaben die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides erreichen wollte und das Ziel verfolgte, dass andere beschlagnahmte Vermögenswerte freigegeben werden. Der Zahlungsaufschub stellt einen Kredit dar. Auch wenn die unwahren Angaben im Rahmen eines grundsätzlich freiwilligen Angebotes erfolgen, seien die Voraussetzungen aus § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfüllt. Der BGH wies die Sache anschließend an das zuständige Beschwerdegericht zurück (BGH 18 .11 .2021 – Az.: IX ZB 1 / 21).

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