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Pandemie-bedingte Reduzierung der Miete

Können gewerbliche Mieten aufgrund von Pandemie-bedingten Schließungen gemindert werden?
Hier informieren wir Sie umfassend über die wichtigsten Grundlagen zu diesem Themenkomplex!

Da sollten Sie zu diesem Thema wissen:

Können gewerbliche Mieten aufgrund von Pandemie-bedingten Schließungen gemindert werden?

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden in vielen deutschen Städten behördliche Verfügungen erlassen, die eine Öffnung von gewerblichen Flächen untersagt oder stark beschränkt haben. Die betroffenen Mieter konnten ihre Gewerbe somit gar nicht oder nur begrenzt ausüben und erlitten Umsatzeinbußen. Doch können gewerbliche Mieten aufgrund von Corona-bedingten Schließungsanordnungen herabgesetzt werden? In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Aussagen der aktuellen Rechtsprechung zusammengefasst!

Wann kann die Miete gemindert werden?

Eine Mietminderung kommt in Betracht, wenn sich der Mieter auf einen Mietmangel berufen kann. Ein Mangel nach §536 Absatz 1 BGB liegt vor, wenn

  • der Zustand der Mietsache von dem vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht oder
  • der Zustand der Mietsache von dem Zustand vergleichbarer Mietsachen abweicht.

Der so festgestellte Mangel muss die Tauglichkeit der Gewerberäume zum vertragsgemäßen Gebrauch in erheblicher und nicht zumutbarer Weise beeinträchtigen.

Öffentlich-rechtliche Einschränkungen oder Verbote können bei Gewerbeimmobilien einen Mangel nach § 536 Abs. 1 BGB begründen.  Die Ursache der staatlichen Nutzungsuntersuchung muss jedoch in dem Mietobjekt selbst liegen, also in der konkreten Beschaffenheit und Lage der Mietsache begründet sein und nicht auf betrieblichen und persönlichen Umständen des Mieters beruhen.

Wann kommt eine Anpassung des Vertrages aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht?

Eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ist gegeben, wenn

  • die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom Vorliegen oder Nichtvorliegen bestimmter Umstände ausgehen und
  • sie den Vertrag mit diesem Inhalt nicht geschlossen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass ihre Annahmen enttäuscht werden.

Teilweise wird diskutiert, ob Corona-bedingte Schließungsverordnungen zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietparteien führen und eine Vertragsanpassung beispielsweise in Form von Herabsetzungen der Miete in Betracht kommen kann.

Wie urteilen die Gerichte?

Rechtsprechung des OLG Dresden:

Das OLG Dresden beschäftigte sich mit der Corona-bedingten Schließung eines Textileinzelhandels. Im Mietvertrag wurde geregelt, dass der Vermieter keine Gewähr für etwaige behördliche Genehmigungen übernimmt, die für die Nutzung des Mietobjektes durch den Mieter erforderlich sind.

Das Gericht war der Meinung, dass behördliche Schließungsanordnungen keine behördlichen Genehmigungen sind und der Mietvertrag somit keine Regelungen für den konkreten Sachverhalt enthält.

  • Wenn der Soll-Zustand im Mietvertrag nicht explizit festgelegt wurde, muss auf Auslegungsregelungen zurückgegriffen werden, um festzustellen, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund des Mietvertrages vom Vermieter verlangen kann.
  • Um festzustellen, ob eine Mietminderung in Betracht kommt, muss im Einzelfall geklärt werden, ob staatliche Schließungsanordnungen dem Verwendungsrisiko des Mieters oder dem Verantwortungsbereich des Vermieters zuzuordnen sind.

Das Gericht betonte, dass eine Mietminderung als Folge einer Corona-bedingten Schließungsanordnung durchaus in Betracht kommen kann. Eine Herabsetzung der Kaltmiete auf 50 % wurde jedoch im konkreten Fall aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage aus § 313 BGB bejaht (OLG Dresden 15.02.2021 – 5 U 1782/20).

Rechtsprechung des OLG München:

Im vorliegenden Fall argumentierte das Gericht, dass durch die Anordnung nicht die körperliche Beschaffenheit des Mietobjekts betroffen ist, da weder die räumliche Lage noch die Erreichbarkeit des Objektes eingeschränkt wurde. Durch die Anordnung sei lediglich die Nutzung des Objektes beschränkt worden.

  • Behördliche Schließungen von Gewerberäumen fallen in den Risikobereich des Mieters, wenn sie sich nicht explizit auf die Beschaffenheit der Mietsache, ihren Zustand oder ihre Lage beziehen und die Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht verhindert wird.
  • Das Ausbleiben von Gewinnen ist dem Risikobereich des Mieters zu zuordnen.

Das Gericht verneinte eine Mietmangel und eine damit verbundene Mietminderung. Auch eine anderweitige Herabsetzung der Miete wurde durch das OLG München abgelehnt. (OLG München 17.02.2021 – 32 U 6358/20).

Rechtsprechung des OLG Karlsruhe:

  • Die behördliche Schließungsanordnung bezieht sich nicht auf das konkrete Mietobjekt, da sie für alle Gewerbe gilt, die nicht zur Deckung mit Gütern des alltäglichen Bedarfs notwendig sind.
  • Die Anordnung betrifft das Verwendungsrisiko des Mieters.

Das Gericht lehnte aus den oben genannten Gründen einen Mietmangel ab. Eine anderweitige Kürzung der Mietzahlungen wurde nach einer Würdigung des Einzelfalls (z.B. Rückgänge der Umsätze, ersparte Aufwendungen durch die Anmeldung von Kurzarbeit oder finanzielle Ausgleiche durch öffentliche Leistungen) ebenfalls verneint. (OLG Karlsruhe 24.02.2021 – 7 U 109/20).

Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main:

Das OLG Frankfurt a.M. sprach sich ebenfalls gegen eine Objektbezogenheit und einen damit verbundenen Mietmangel aus.

  • Schließungsanordnungen verhindern nicht, dass der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt überlassen kann, sondern regeln lediglich, ob und wie vielen Kunden Zutritt zur Immobilie gewährt werden darf.
  • Das Objekt ist weiterhin grundsätzlich nutzbar und erreichbar.

Das Gericht betonte, dass eine Herabsetzung der Miete über eine Störung der Geschäftsgrundlage immer dann in Betracht kommt, wenn es aufgrund dessen für den Gewerberaummieter zu existenziell bedeutsamen Folgen kommt (OLG Frankfurt a.M. 19.03.2021, Az.: 2 U 143/20).

Rechtsanwalt Markus Rauh

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