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Aufklärungspflicht des Arztes und Einwilligung des Patienten

© Rechtsanwalt Stefan Schröter, Gunzenhausen

Eine Operation gilt als strafrechtlich relevante Körperverletzung, wenn der Patient nicht rechtzeitig vor dem Eingriff eingewilligt hat.
Dieses Selbstbestimmungsrecht eines Patienten geht aus dem Grundgesetz hervor.

Aufklärungspflichten des Arztes und die Reputation von Krankenhäusern

 

Es existiert zwar keine Statistik über die in einem Jahr festgestellten Behandlungsfehler.
Das wissenschaftliche Institut der AOK schätzt, dass allein rund 19.000 Klinikpatienten jedes Jahr durch vermeidbare Behandlungsfehler sterben.

Die Anzahl der gerichtlichen Verfahren ist weiter ansteigend.

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Perfekte Patientenaufklärung – perfekte Klinik-Reputation:

I. Das Grundrecht der Selbstbestimmung des Patienten

Jeder ärztliche Eingriff gilt als strafrechtlich relevante Körperverletzung, wenn der Patient nicht rechtzeitig vor dem Eingriff eingewilligt hat.
Das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten geht aus dem Grundgesetz hervor. Die Einwilligung des Patienten entspricht dem Recht auf Menschenwürde (Art. 1 GG) und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG).

Interessant: Der Arzt muss nicht beweisen, dass der Patient die Aufklärung auch tatsächlich verstanden hat. Üblicherweise bestätigt der Patient durch seine Unterschrift, in verständlicher Form und bei Beantwortung aller bei ihm aufgetretenen Fragen aufgeklärt worden zu sein.

II. Die gesamte Behandlung ist rechtswidrig, wenn die Patientenaufklärung lückenhaft war

Aufklärung durch den Arzt und Einwilligung des Patienten sind unteilbar verbunden.
Eine fehlende oder nur teilweise Aufklärung des Patienten durch den Arzt löst dessen persönliche Haftung (Schadenersatzpflicht) – und manchmal auch eine strafrechtliche Verfolgung aus, z.B. bei einer mutmaßlich fahrlässigen Tötung.

III. VORSICHT: Beweispflicht des Arztes

Der Arzt wendet hier ein, der Schaden wäre auch bei rechtmäßiger Alternative des Arztes eingetreten, allerdings muss dann der Arzt beweisen, dass der Patient ohne den rechtswidrig ausgeführten Eingriff dieselben Beschwerden gehabt hätte, weil sich das Grundleiden auch ohne den operativen Eingriff in zumindest ähnlicher Weise ausgewirkt hätte.

IV. Muss jede Aufklärung des Patienten dokumentiert werden?

Ja. Der behandelnde Arzt ist gemäß der gesetzlichen Regelung des § 630 f II 1 BGB verpflichtet, die Aufklärung zu dokumentieren.
Dem Patienten ist eine Abschrift der von ihm unterzeichneten Unterlagen auszuhändigen.

V. Unterschiedliche Aufklärungsarten

Eingriffs- und Risikoaufklärung
Die sog. Eingriffs- und Risikoaufklärung über alle therapeutischen und diagnostischen Behandlungsmaßnahmen (Injektionen, Medikation, Operation, Narkose, Bestrahlung etc.) sind erforderlich, damit der Patient seine Entscheidungsgrundlagen kennt und versteht.

Diagnoseaufklärung
Anders die Diagnoseaufklärung. Sie ist nur dann eine „vertragliche Nebenpflicht“, wenn der Patient ausdrücklich danach fragt oder wenn offensichtlich und erkennbar die Patientenentscheidung abhängig ist von medizinischer Kenntnis und prognostischer Entwicklung des Behandlungs- und Heilungsverlaufes.

Verlaufsaufklärung
Im Zuge einer Verlaufsaufklärung muss der Patient über die erheblichen Schmerzen des Eingriffs aufgeklärt werden, da ansonsten die Einwilligung des Patienten zum gesamten Eingriff unwirksam ist.

Sicherungs- oder therapeutische Aufklärung
Bei der Sicherungs- oder therapeutischen Aufklärung stellen Warn- und/oder Verhaltenshinweise den Behandlungserfolg sicher. Auch bei unzureichender Compliance des Patienten im Zuge einer medizinisch gebotenen Behandlung und Nachsorge kann ein Behandlungsfehler darin bestehen, den Patienten nicht exakt über das Risiko einer Missachtung ärztlicher Anweisungen oder Empfehlungen aufgeklärt zu haben.

Wirtschaftliche Aufklärung
Unter einer wirtschaftlichen Aufklärung ist die Information des Patienten über selbstzutragende Eigenanteile für Leistungen gemeint, die aus medizinischer Sicht nicht zwingend notwendig sind und deshalb von gesetzlicher oder privater Krankenversicherung nicht übernommen bzw. erstattet werden.

VI.  Inhalt und Umfang der Aufklärung

Auch wenn die Wahl der Behandlungsmethode grundsätzlich Sache des Arztes ist, muss ein Patient grundsätzlich darüber informiert werden, was ärztlich veranlasst und durchgeführt wird und mit welchem voraussichtlichen Ergebnis zu rechnen ist.
Immer wenn eine Abweichung von einer konventionellen Operationsmethode zu einer erheblichen Risikoerhöhung führt, insbesondere zu einer wesentlichen Veränderung der Heilungsaussichten, ist eine Aufklärung erforderlich.

VII. Keine Aufklärungspflicht

Der Arzt muss nicht aufklären über allgemeine Operationsrisiken (z.B. allgemeine Infektionsrisiken) oder sonstige Risiken, die üblicherweise bei der beabsichtigten Operation als bekannt vorausgesetzt werden können (z.B. ist das Risiko eines Narbenbruches im Zuge der Operation einer Adnexektomie bei Ovarialzyste nicht aufklärungsbedürftig).
Allerdings besteht eine gesteigerte Aufklärungspflicht bei hohem Misserfolgsrisiko einer operativen Maßnahme oder bei Vorliegen einer zweifelhaften Indikation.

Übrigens: Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass bei rein kosmetischen Operationen der Patient umso ausführlicher und eindringlicher über Erfolgsaussichten und etwaige negativen Folgen eines ärztlichen Eingriffs aufgeklärt werden muss, je weniger der operative Eingriff medizinisch geboten ist.

VIII. Behandlungsalternativen

Kommen mehrere medizinisch indizierte Behandlungsmethoden in Betracht, muss der Patient über die unterschiedlichen Risiken bzw. Erfolgschancen der unterschiedlichen Behandlungsmethoden aufgeklärt werden.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Arzt bereits dann auf die Möglichkeit von Behandlungsalternativen hinweisen muss, wenn in der medizinischen Wissenschaft gewichtige Bedenken gegen eine zum Standard gehörende Behandlung und damit verbundenen Gefahr für den Patienten geäußert werden.
Keine Aufklärungspflicht besteht dagegen über neuartige Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, die (noch) nicht zum medizinischen Standard gehören.

IX. Risikoverwirklichung als Folge der Aufklärungspflichtverletzung

Haftung eines Arztes entsteht, wenn bei einem Eingriff eine Folge eintritt, über die er hätte aufklären müssen. Allerdings setzt im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung eine Haftung auch voraus, dass der Gesundheitsschaden kausal auf die (ohne Aufklärung rechtswidrige) Behandlung zurückzuführen ist.

X. Wie ist aufzuklären?

Die Aufklärung muss mündlich, für Laien verständlich und rechtzeitig erfolgen.
Bei größeren Eingriffen muss der Patient noch wählen können, ob er zustimmt, sich zuvor eine Zweitmeinung einholt oder nicht. Lediglich vor kleinen Eingriffen darf die Aufklärung direkt vorher erfolgen.
Bei komplizierten operativen Eingriffen ist in der Regel eine Aufklärung am Vorabend des operativen Eingriffs nicht mehr rechtzeitig

XI. Wer ist aufzuklären?

Adressat der Aufklärung ist grundsätzlich der Patient selbst, der einwilligen muss. Ein Dolmetscher (das sollte kein Familienangehöriger sein) ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn der Patient nicht genügend Deutsch versteht.
Bei Minderjährigen muss der gesetzliche Vertreter zustimmen.
Bei einem ungeborenen Kind ist allein die Mutter Aufklärungsadressatin und Entscheidungsträgerin, etwa bei der Entscheidung zwischen Kaiserschnitt und vaginaler Entbindung.

Fehlerhafte Aufklärung des Patienten kann ein grober Behandlungsfehler sein.

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