© Rechtsanwalt Stefan Schröter, Gunzenhausen
Weltweite Reputationsschäden, schwere interne Vertrauenskrisen und ein medialer Overkill über Ethik, Verhältnismäßigkeit und Rechtsnormen im Deutschen Unternehmertum sind die Folge von Verfehlungen und Compliance-Verstößen.
Arbeitsplätze, Unternehmenskultur und Ökonomie stehen auf dem Spiel.
In meinem Aufsatz erfahren Sie viele Details zu diesen Themen:
I. Schäden durch unternehmensinterne Verfehlungen
II. Kontrollmotive des Arbeitgebers für Überwachung am Arbeitsplatz
III. Wie weit dürfen Mitarbeiterkontrollen gehen?
IV. Die Verdachtskündigung
V. Fazit
Studien zufolge entstehen deutschen Unternehmen jährlich Gesamtschäden in Höhe von 2,5 bis 17,5 Mrd. Euro durch Straftaten eigener Arbeitnehmer. Diese Schäden entstehen unter anderem durch
• Mitarbeiterdiebstähle
• Verrat von Geschäftsgeheimnissen
• Compliance Verstöße (z. B. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266 a StGB
• Verstöße gegen Bestimmungen der EU-DS-GVO und des BDSG
• Haftung für fehlerhafte Zollanmeldung durch Arbeitnehmer
• Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften
• Verstöße gegen das MiLoG
Unternehmen haben daher ein nachvollziehbares Interesse, bereits begangene Straftaten aufzuklären. Der Arbeitgeber kann häufig solche Straftaten nur durch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen verfolgen. Gerade bei trickreichen Tätern sind Kontrollmaßnahmen, die mit Kenntnis der Mitarbeiter erfolgen, oftmals kein taugliches Aufklärungsmittel. Unternehmen führen daher heimliche Mitarbeiterkontrollen regelmäßig zu repressiven Zwecken durch.
Welche Überwachungsmethoden gibt es?
Unter anderem greifen Unternehmen auf folgende Überwachungsmöglichkeiten zurück:
Sind Videokontrollen mit dem Gesetz vereinbar?
Bei Videokontrollen muss zwischen verschiedenen Formen differenziert werden.
Offene Videokontrolle in Unternehmen müssen mit der EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) vereinbar sein. Das Unternehmen muss unter anderem:
Was gilt für Attrappen?
Folgendes gilt für Attrappen: Unternehmen greifen regelmäßig auf Kamera Attrappen zurück, um ihre Mitarbeiter vor Fehlschritten abzuschrecken. Allerdings unterscheiden die Gerichte nicht zwischen der Verwendung einer funktionierenden Kamera und einem defekten Gerät bzw. einer Attrappe (BGH 2010 – VI ZR176/09).
Sind verdeckte Videokontrollen zulässig?
Verdeckte Videokontrollen werden im Vergleich zur offenen Überwachung von Gerichten als noch stärkere Eingriffe in die Rechte der Mitarbeiter gewertet. Die Mitarbeiter können in diesen Fällen nicht erkennen, was wann gefilmt wird und was ihr Arbeitgeber über sie weiß.
Ist der Einsatz von Privatdetektiven möglich?
Die Überwachung durch Privatdetektive ist für die Mitarbeiter nicht ersichtlich. Aus diesem Grund dürfen Privatdetektive nur eingesetzt werden, wenn…
Ist die Auswertung von GPS- oder E-Mail-Daten verboten?
Wenn sich der Verdacht im Zuge der internen Ermittlungen
erhärtet – Verdachtskündigung
Der Verdacht, der Vertragspartner könne eine strafbare Handlung oder schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, kann nach ständiger Rechtsprechung des BAG einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden. Gerade der Verdacht ruiniert das notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers und wird zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses.
Verdachtskündigung: ein eigenständiger Tatbestand
Die Kündigung wegen Verdachts stellt neben der Kündigung wegen der Tat einen
eigenständigen Tatbestand dar.
Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass
• der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung tatsächlich begangen hat
• dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Zerrüttetes Vertrauen als Kündigungsgrund:
Nicht das pflichtwidrige Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss der Unternehmer vor Gericht beweisen, sondern Verdachtsmomente, die das Vertrauen erschüttern. Der Arbeitgeber kann wegen desselben Sachkomplexes sowohl eine Tat- als auch eine Verdachtskündigung aussprechen. Der Arbeitgeber profitiert bei einer Verdachtskündigung von Beweiserleichterungen.
Fazit in elf Erkenntnissen:
1. Eine heimliche Überwachung von Mitarbeitern ist nicht generell rechtswidrig.
2. Heimliche Videoüberwachung ist nur dann zulässig, wenn ein überwiegendes
schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers für eine Überwachung spricht.
3. Ohne Vorliegen konkreter Verdachtsmomente ist eine heimliche
Videoüberwachung unzulässig.
4. Zufallsfunde in Videoaufnahmen sind aber nicht generell unverwertbar.
5. Auch neue Überwachungsmethoden, wie z. B. Keylogger sind nicht per se unzulässig.
6. Wirksame Einwilligungen der Betroffenen nach detaillierter Aufklärung über Art
und Umfang der Kontrollmaßnahme sind Grundlage für eine legale Überwachung.
7. Keyloggern oder E-Mailauswertungen müssen Arbeitnehmer schriftlich zustimmen.
8. Bei der Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers ist ein Wortprotokoll anzufertigen. Der Untersuchungsführer ist niemals der Protokollführer.
9. Wenn sich der Verdacht im Zuge der internen Ermittlungen erhärtet, ist zwingend an die Möglichkeit einer Verdachtskündigung zu denken.
10. Die internen Ermittlungen sind zügig, aber nicht mit hektischer Eile durchzuführen. Während der Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers ist die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist gehemmt.
11. Bei einer Verdachtskündigung muss der Unternehmer vor Gericht nicht das pflichtwidrige Fehlverhalten beweisen, sondern das Vorliegen dringender Verdachtsmomente, die das Vertrauen erschüttern. Insofern gelten Beweiserleichterungen.
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Eyeline Martini
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Lange bevor der neue Mitarbeiter seinen Arbeitsvertrag unterschreibt, greift die sorgfältige Beratung des Unternehmers im Arbeitsrecht.
Dabei geht es auch um steuerrechtliche, unternehmensrechtliche und arbeitspsychologische Herausforderungen, bevor Teams eingerichtet oder Abteilungen auf- und andere abgebaut werden.