Die Problematik des Falles
Der Kläger forderte keine Ansprüche der Schuldnerin ein, sondern nahm die Beklagte als Gesellschafterin der Schuldnerin für deren Verbindlichkeiten in Anspruch.
Nach § 721 BGB nF (vor 2024 analog § 128 HGB aF) haften die Gesellschafter einer rechtsfähigen GbR persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Grundsätzlich ist diese Haftung eine gesamtschuldnerische, aber es kann auch eine teilschuldnerische Haftung vereinbart werden.
Im Insolvenzverfahren ist es die Aufgabe des Insolvenzverwalters, diese Haftung gem. § 93 InsO geltend zu machen. Er sammelt bei den Gesellschaftern die Haftungsbeträge ein und lässt sie dann den Insolvenzgläubigern zukommen.
§ 93 InsO wirft jedoch einige Probleme auf. Im konkreten Fall stellten sich folgende Fragen, die vom BGH nun zum ersten Mal geklärt wurden:
Werden nachrangige Forderungen ohne gerichtliche Aufforderung nach § 174 III InsO überprüft?
Ein Teil der Klagesumme beruhte auf Zinsforderungen, die nach § 39 I Nr. 1 InsO im Insolvenzverfahren nachrangig sind. Diese Forderungen werden nach § 174 III InsO nur angemeldet, soweit das Insolvenzgericht die Gläubiger hierzu besonders auffordert. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen. Daher musste das Gericht prüfen, ob diese nachrangigen Forderungen im Rahmen des § 93 InsO unberücksichtigt bleiben, wenn es an der Aufforderung nach § 174 III InsO fehlt.
Der Wortlaut des § 93 InsO umfasst „jede persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft“. Daraus ergeben sich keine Einschränkungen. Für nachrangige Forderungen gilt, dass diese ohne die gerichtliche Aufforderung nach § 174 III InsO nicht vom Insolvenzverwalter genutzt werden können. Erst nach dem Insolvenzverfahren kann er sie geltend machen. Er kann jedoch beim Gericht anregen, dass die Anmeldung der nachrangigen Forderungen eingefordert wird, sofern eine Befriedigung aller nicht nachrangiger Forderungen möglich ist und darüber hinaus Mittel zur nachrangigen Befriedigung zur Verfügung stehen.
Insgesamt ist § 174 III InsO also auch auf § 93 InsO anwendbar.
Tragen Gesellschafter die Kosten für das Insolvenzverfahren?
Außerdem beruhte ein Teil der nach § 93 InsO eingeforderten Gesellschaftsschulden auf Gerichtskosten im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Nach § 54 Nr. 1 InsO sind dies Massekosten. Massekosten sind Gesellschaftsschulden, die im Insolvenzverfahren mit Vorrang gegenüber den Insolvenzverbindlichkeiten erfüllt werden müssen.
Daher klärte der BGH die Frage, ob die Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens und die Vergütungs- und Auslageansprüche des Insolvenzverwalters die persönliche Gesellschafterhaftung nach § 126 HGB nF und nach § 721 BGB nF auslösen und damit nach § 93 InsO geltend gemacht werden können.
Das Problem dabei ist, dass diese Masseverbindlichkeiten nicht vor dem Insolvenzverfahren begründet wurden. Deshalb wurde die persönliche Haftung der Gesellschafter in Bezug auf diese Verbindlichkeiten lange in der Literatur umstritten. Anders als noch in älterer Rechtsprechung (BGH-Urteil vom 24.09.2009- IX ZR 234/07) bejahte der BGH nun die persönliche Haftung der Gesellschafter sowohl in Bezug auf die Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens als auch für die von der Schuldnerin zu tragenden Vergütungs- und Auslagenforderungen des Insolvenzverwalters. Außerhalb geregelter Ausnahmefälle bedürfte es nach Ansicht des BGH besonderer Begründung, wenn diese nicht haften sollten, nicht jedoch im Falle der persönlichen Haftung.
Eine Haftung ist innerhalb des Insolvenzverfahrens nur dann zu verneinen, wenn sie vom Insolvenzverwalter ohne Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter begründet wurden. Dies gilt für die Kosten des Insolvenzverfahrens jedoch nicht. Schließlich haben die Gesellschafter Einfluss auf die Entstehung des Eröffnungsgrundes für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Kosten des Insolvenzverfahrens stellen daher die Realisierung des Unternehmerrisikos dar.