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Die Frage nach der Testierfähigkeit vor Gericht. So geht man prozessual am effektivsten vor!

Wer ein wirksames Testament errichten möchte, muss testierfähig sein. Somit überrascht es nicht, dass die Gerichte regelmäßig damit beschäftigt sind zu klären, ob der Erblasser bei der Errichtung seines Testaments überhaupt zur Errichtung fähig war.

Wir erklären, wie man Streitigkeiten dieser Art vermeiden kann und wie man im Falle eines Rechtsstreits vorgehen sollte.

Wann fehlt es an der Testierfähigkeit?

Der Erblasser kann aus den in § 2229 BGB aufgezählten Gründen nicht in der Lage sein, die Bedeutung seiner Willenserklärung einzusehen und danach zu handeln. Die häufigsten Gründe, die der Testierfähigkeit entgegenstehen, sind krankhafte Störungen der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörungen nach § 2229 Abs. 4 BGB. Ein typisches Beispiel ist die degenerative Demenz.

Wann ist davon auszugehen, dass der Erblasser nicht testierfähig gewesen ist?

  • Die Testierfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die fehlende Testierfähigkeit bewiesen werden kann.
  • Die Testierfähigkeit ist der gesetzliche Regelfall und die fehlende Testierfähigkeit somit die Ausnahme.
  • Der Zeitpunkt der Testamentserrichtung ist für die Beurteilung ausschlaggebend.
  • Nur weil der Erblasser unter Betreuung steht, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er testierunfähig ist. Eine Betreuung kann gem. § 1896 Abs. 1 BGB auch erfolgen, wenn die Person weder geschäftsunfähig noch testierunfähig ist.

Welche außergerichtlichen Maßnahmen können zu Lebzeiten des Erblassers ergriffen werden?

Zu Lebzeiten sollten vor allem Beweise gesammelt werden, um die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung belegen zu können.

  • Neurologisch-psychiatrische Gutachten oder ärztliche Atteste können eingeholt werden.
  • Potenzielle Zeugen können befragt und Gesprächsprotokolle angefertigt werden.
  • Gespräche mit dem Erblasser selbst, können schriftlich festgehalten werden.

Soweit Beweise dieser Art nicht gesammelt werden, kommt ein notarielles Testament nach § 2232 BGB in Betracht.

  • Nach § 28 BeurkG hat der Notar zu vermerken, wenn ihm Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers kommen.
  • Vor Gericht gelten Vermerke dieser Art als Indizien.
  • Der Notar muss die Beurkundung gemäß §§ 4, 11 Abs. 1 BeurkG i.V.m. § 14 Abs. 2 BnotO verweigern, wenn offensichtlich ist, dass dem Erblasser die Testierfähigkeit fehlt.

Welche prozessualen Maßnahmen können nach dem Todesfall ergriffen werden?

  • Im Erbscheinsverfahren kann das Nachlassgericht allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen nachgehen und geeignete Beweise erheben. Das Gericht ermittelt gemäß § 26 FamFG, § 2358 BGB von Amts wegen.
  • Im Rahmen der Erbenfeststellungsklage muss das Gericht feststellen, ob die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestand. Derjenige, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft, muss dies vor Gericht beweisen.

Welche Beweismittel kommen vor Gericht infrage?

Regelmäßig bestellt das Gericht einen Sachverständigen, der ein Gutachten zur Testierfähigkeit erstellen soll. Damit ein aussagekräftiges Gutachten erstellt werden kann, sollten dem Sachverständigen alle Anknüpfungstatsachen zur Verfügung gestellt bekommen. Darunter fallen auch alle Tatsachen, die sich aus den weiteren Beweismitteln ergeben. Weitere Beweismittel sind u.a.:

  • Zeugen, z. B. Pflegepersonen oder Familienmitglieder
  • Urkunden, z.B. Gutachten zur Einstufung der Pflegebedürftigkeit oder Krankenakten
  • Vernehmungen

Können Berufsgeheimnisträger als Zeugen aussagen?

Berufsgeheimnisträger wie z. B. Rechtsanwälte, Ärzte oder Notare unterliegen gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO einer gesetzlichen Schweigepflicht. Daraus kann sich ein Zeugnisverweigerungsrecht ergeben.

  • Personen dieser Berufsgruppen sind nur zu einer Aussage verpflichtet, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Patienten oder Mandanten entspricht.
  • Die Schweigepflicht gilt über den Tod des Erblassers hinaus.
  • Der Erblasser kann den Berufsgeheimnisträger allerdings z. B. in seinem Testament von der Schweigepflicht befreien.

Wann sollte ein prozessbegleitender Privatgutachter beauftragt werden?

Die Beauftragung eines Privatgutachters ist sinnvoll, wenn Zweifel an den Kompetenzen des gerichtlich bestellten Sachgutachters bestehen. Zweifel an dem gerichtlichen Gutachter sind z. B.

  • fachlicher Art. Der Sachverständige ist kein Experte auf dem Gebiet der Beurteilung der Testierfähigkeit oder hat bereits zweifelhafte Gutachten erstellt.
  • persönlicher Art. Es besteht der Verdacht, dass der Sachverständige voreingenommen ist.

Zudem ist die Beauftragung eines Privatgutachters sinnvoll, wenn

  • das Gericht keinen Sachgutachter beauftragt hat, aber ein Gutachten für den Angehörigen hilfreich sein könnte.
  • das Privatgutachten dem Sachverständigengutachten widerspricht. Das Gericht hat dem nachzugehen und die Widersprüche zu prüfen.

Können Angehörige Einsicht in die Krankenakten fordern?

Ein Einsichtsrecht in Patientenakten ergibt sich aus § 630g Abs. 3 BGB. Der mutmaßliche Wille des Erblassers darf der Einsicht nicht entgegenstehen. Diese Entscheidung obliegt dem jeweiligen Arzt.

  • Der BGH nimmt an, dass eine Einsicht in die Patientenakten dem Willen des Erblassers entspricht, wenn damit Zweifel an seiner Testierunfähigkeit aus dem Weg geräumt werden könnten (BGH, 04.07.1984 – IVa ZB 18/83).
  • Etwas anderes kann für Fälle gelten, in denen der Erblasser zu Lebzeiten bereits Maßnahmen zur Bestätigung seiner Testierfähigkeit ergriffen hat (z. B. durch Einholung eines ärztlichen Attests) eine Entbindung seines Arztes von dessen Schweigepflicht könnte in diesen Fällen nicht dem Willen des Erblassers entsprechen.

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