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Der leitende Angestellte im Arbeitsrecht

Wer als leitender Angestellter für ein Unternehmen oder einen Betrieb tätig ist, stellt sich auf Vorteile gegenüber regulären Arbeitnehmern ein.

Arbeitsrechtlich betrachtet gibt es allerdings einige Besonderheiten, die sich auf den leitenden Angestellten nicht unbedingt positiv auswirken können. Insbesondere wenn es um das Thema Kündigungsschutz geht, ist Vorsicht geboten!

Wer ist ein leitender Angestellter?

Unter den Begriff des leitenden Angestellten werden Arbeitnehmer gefasst, die mit großer Entscheidungsfreiheit in ihrem Verantwortungsbereich unternehmerische Aufgaben wahrnehmen. Allerdings definieren Gesetze wie das Kündigungsschutzgesetz oder das Betriebsverfassungsgesetz den Begriff teilweise unterschiedlich.

Bei welchen arbeitsrechtlichen Gebieten gelten Besonderheiten für leitende Angestellte?

Besonderheiten gelten…

  • bei der betrieblichen Mitbestimmung (BetrVG),
  • beim Thema Arbeitszeit und
  • beim Kündigungsschutz (KSchG).

Können sich leitende Angestellte bei einer ordentlichen Kündigung auf den Kündigungsschutz berufen?

Ja! Leitende Angestellte können sich auf das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) berufen, wenn…

  • sie länger als sechs Monate im Betrieb/Unternehmen beschäftigt sind und
  • im Betrieb/Unternehmen ihres Arbeitgebers mehr als zehn Arbeitnehmer arbeiten.

Leitende Angestellte nach §§ 14 Abs. 2 S. 2, 17 Abs. 5 KSchG sind…

  • Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, die zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Wenn einem leitenden Angestellten ordentlich gekündigt werden soll, ist die Kündigung nur wirksam, wenn sie gemäß § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

Der Arbeitgeber muss Gründe vorlegen, die die Kündigung rechtfertigen. In Betracht kommen Gründe, die…

  • verhaltensbezogen sind,
  • personenbezogen sind (z. B. bei einer Krankheit) oder
  • betriebsbezogen sind.

Inwieweit wird das Kündigungsschutzgesetz eingeschränkt?

  • Leitende Angestellte werden nicht durch den Betriebsrat vertreten und können dementsprechend keinen Einspruch bei dem Betriebsrat im Falle einer Kündigung einlegen (§§ 14 Abs. 2, S. 1, § 3 KSchG).
  • Der Arbeitgeber ist im Falle einer Massenentlassung bezogen auf den leitenden Angestellten nicht zwangsläufig zu einer Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 5 KSchG
  • Wenn der Arbeitgeber einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses stellt, muss das Gericht das Arbeitsverhältnis auflösen. Eine Prüfung der Unzumutbarkeit nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG findet bei leitenden Angestellten nicht Das Gericht bestimmt die Höhe der zu zahlenden Abfindung (§ 14 Abs. 2 S. 2 KSchG). Ein leitender Angestellter kann die Auflösung des Arbeitsvertrages somit nicht verhindern.

Was unterscheidet den Kündigungsschutzprozess eines leitenden Angestellten von dem eines anderen Arbeitnehmers?

Normalerweise prüft das Gericht in einem Kündigungsschutzverfahren, ob die Kündigung sozialgerechtfertigt war. Ist sie das nicht, so ist sie grundsätzlich unwirksam. Dies gilt auch für die Kündigung eines leitenden Angestellten.

Soweit eine sozialwidrige Kündigung vorliegt, kann der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG stellen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist. Eine Prüfung der Unzumutbarkeit nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG durch das Arbeitsgericht findet bei leitenden Angestellten allerdings nicht statt.

Der Arbeitgeber kann in Kündigungsschutzprozessen zunächst abwarten, ob das Gericht die Kündigung für sozialgerechtfertigt hält. Ist dies nicht der Fall, kann er immer noch einen Auflösungsantrag stellen und darauf vertrauen, dass das Arbeitsverhältnis nicht weitergeführt werden muss.

Bei leitenden Angestellten wird die Abfindungssumme von dem Arbeitsgericht bestimmt und ist nach § 10 KSchG auf 12 Bruttomonatsgehälter beschränkt. Für leitende Angestellte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und mindestens zwanzig Jahre im Unternehmen beschäftigt waren, ist die Abfindung auf 18 Bruttomonatsgehälter begrenzt. Die Begrenzung der Abfindungshöhe gilt nur für leitende Angestellte, bei allen anderen Arbeitnehmern kann die Abfindung somit wesentlich höher ausfallen.

Welche Besonderheiten gelten für die betriebliche Mitbestimmung?

Damit ein Arbeitnehmer nicht von dem Betriebsrat vertreten werden kann, muss es sich bei ihm um einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG handeln. Leitende Angestellte sind gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG Personen, die nach dem Arbeitsvertrag oder der Stellung im Unternehmen oder Betrieb…

  • zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind (§ 5 Abs.3 Nr. 1 BetrVG) oder
  • eine Generalvollmacht oder eine Prokura haben, die im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein darf (§ 5 Abs.3 Nr. 2 BetrVG) oder
  • regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnehmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens/ des Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG).

In der Praxis kann es schwierig sein zu bestimmen, ob eine Person tatsächlich als leitender Angestellter im Sinne des BetrVG tätig ist oder nicht. Aus diesem Grund gibt es in § 5 Abs. 4 BetrVG eine ergänzende Regelung für Zweifelsfälle. Bei Unsicherheiten ist die Person als leitender Angestellter zu sehen, die…

  • bei den letzten Wahlen zu Arbeitnehmervertretungen den leitenden Angestellten zugeordnet war (§ 5 Abs.4 Nr.1 BetrVG),
  • einer Leistungsebene angehört, auf der überwiegend leitende Angestellte zu finden sind (§ 5 Abs.4 Nr.2 BetrVG),
  • ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt bezieht, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist (§ 5 Abs.4 Nr.3 BetrVG) oder
  • ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. übersteigt (§ 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG). Für 2021 beträgt die Bezugsgröße 39.480 € jährlich. Ein leitender Angestellter müsste demnach über das Dreifache dieses Betrages verdienen.

Tatsächlich erfüllen somit nur relativ wenige Personen die Anforderungen an leitende Angestellte aus dem BetrVG.

Das Gesetz sieht jedoch auch für leitende Angestellte die Möglichkeit vor, im Betrieb Einfluss zu nehmen.

  • Leitende Angestellte werden nicht durch den Betriebsrat vertreten. Sie können allerdings ihren eigenen Sprecherausschuss Näheres ist im Sprecherausschussgesetz (SprAuG) geregelt. Der Ausschuss vertritt die Belange der leitenden Angestellten und hat dazu bestimmte Informations- und Konsultationsrechte. Die Rechte des Sprecherausschusses sind allerdings schwächer ausgeprägt als die Rechte des Betriebsrates.

Werden leitende Angestellte von dem Arbeitszeitgesetz umfasst?

Nein! Leitende Angestellte sind von den Schutzvorschriften, die die durchschnittliche Arbeitszeit werktags auf 8 Stunden täglich beschränken, nicht betroffen (§ 3 ArbZG).

  • 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG regelt, dass das Arbeitszeitgesetz nicht auf leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG oder auf Chefärzte anwendbar ist.

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