×

Das Mitwirkungsrecht des Betriebsrates bei personellen Angelegenheiten

Bei personellen Einzelmaßnahmen ist der Betriebsrat in die Entscheidungen gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mit einzubeziehen. Aber was genau versteht man unter personellen Einzelmaßnahmen? Und welche Möglichkeiten bleiben Arbeitgebern, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert?

In diesem Beitrag haben wir alle wichtigen Informationen rund um die Einbeziehung des Betriebsrates zu personellen Einzelmaßnahmen zusammengefasst!

Welche Mitwirkungsrechte hat der Betriebsrat?

Dem Betriebsrat werden in Personaldingen verschiedene Mitwirkungsrechte gewährt. Die Mitwirkungsrechte fallen unterschiedlich stark aus, je nachdem um welche Angelegenheiten es sich handelt. Dem Betriebsrat stehen grundsätzlich folgende Rechte zu:

  • Informationsrechte (z.B. bei der Einstellung eines leitenden Angestellten gemäß § 105 BetrVG),
  • Anhörungs- oder Mitberatungsrechte (z.B. muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat vor jeder Kündigung eine Anhörungsmöglichkeit geben und ihm die Kündigungsgründe gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG mitteilen),
  • Zustimmungsverweigerungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen (z.B. bei geplanten Einstellungen oder Versetzungen gemäß § 99 BetrVG) und
  • Mitbestimmungsrechte, bei denen eine ausdrückliche Zustimmung erforderlich ist (z.B. bei einer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit gemäß §87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).

Was versteht man unter „personellen Einzelmaßnahmen“ i.S.d.§ 99 BetrVG?

Personelle Einzelmaßnahmen beziehen sich auf individuelle Entscheidungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen.

Wann muss der Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen hinzugezogen werden?

In Unternehmen mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten und muss dessen Zustimmung einholen (§ 99 BetrVG).

  • Unter einer Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG versteht man nicht den Abschluss eines Arbeitsvertrages, sondern erst den Zeitpunkt, an dem die Tätigkeit im Betrieb tatsächlich aufgenommen wird. Das Rechtsverhältnis der Person zum Arbeitgeber ist nicht ausschlaggebend. Von einer Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist beispielsweise auch bei der Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis auszugehen. Wenn Auszubildende übernommen oder Leiharbeiter eingesetzt werden sollen, spricht man ebenfalls von einer Einstellung.
  • Unter einer Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG versteht man die erstmalige Einstufung eines Arbeitnehmers in eine bestimmte Lohn- oder Gehaltsgruppe.
  • Unter einer Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 BetrVG versteht man eine Neueinstufung von Arbeitnehmer, die bereits einer bestimmten Lohn- oder Gehaltsgruppe zugeordnet sind, in eine andere Lohn- oder Gehaltsgruppe. Davon umfasst ist jede Änderung somit auch eine Korrektur einer falschen Eingruppierung.
  • Unter einer Versetzung nach §§ 99 Abs. 1, 95 Abs.3 S. 1 BetrVG versteht man die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches an den Arbeitnehmer. Die Versetzung muss über einen Monat andauern oder mit erheblichen Änderungen der Arbeitsumstände verbunden sein.

Wie weit geht das Recht auf Unterrichtung und Information?

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat sämtliche Informationen zu den beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen vorlegen, auf die er auch selbst Zugriff hat. Davon umfasst sind alle Auskünfte über die betroffene Person und Auskünfte über die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen (§ 99 Abs. 1 BetrVG).

Solange der Betriebsrat nicht vollständig informiert wurde, beginnt die Frist für eine mögliche Verweigerung nicht zu laufen (§ 99 Abs. 3 BetrVG).

Kann der Betriebsrat auch von selbst aktiv werden?

Nein! § 99 BetrVG gewährt dem Betriebsrat kein Initiativrecht. Der Arbeitgeber muss auf den Betriebsrat zu kommen und ihn von der personellen Einzelmaßnahme unterrichten.

Unter welchen Umständen kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern?

Die Gründe für eine Zustimmungsverweigerung sind in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend geregelt. Unter anderem kann die Zustimmung verweigert werden, wenn…

  • die Maßnahme gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung verstößt oder
  • die Besorgnis besteht, dass im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer als Folge der Maßnahme gekündigt werden oder sie sonstige Nachteile erleiden.

Die Zustimmung muss schriftlich unter Angabe der Gründe für die Verweigerung angegeben werden. Für die Verweigerung hat der Betriebsrat maximal eine Woche Zeit. Ein Schweigen des Betriebsrates gilt als Zustimmung.

Kann der Arbeitgeber die Maßnahme auch durchführen, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert hat?

In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch das Arbeitsgericht ersetzen lässt (§ 99 Abs. 2 BetrVG).

  • Das Gericht entscheidet, ob die Widerspruchsgründe des Betriebsrates tatsächlich vorliegen oder nicht.

Gleichzeitig kann die Maßnahme vorläufig durchgeführt werden, soweit sich der Arbeitgeber auf sachliche Gründe berufen kann, die die Durchführung dringend erforderlich machen (§ 100 Abs. 1 S. 1 BetrVG).

  • Der betroffene Arbeitnehmer muss über die Sach- und Rechtslage aufgeklärt werden und
  • der Betriebsrat muss so schnell wie möglich von der personellen Maßnahme unterrichtet werden.

Die Dringlichkeit der vorläufigen Maßnahme kann jedoch von dem Betriebsrat bestritten werden, sodass das Arbeitsgericht über die Angelegenheit entscheiden muss.

Arbeitsrecht für Unternehmer heißt: Flexibilität, Rechtskenntnis und gute Berater.

Kanzlei
Schacht & Kollegen

Jetzt Ihre Frage stellen:

Telefon: +49 9831 67 07-0
Fax: 09831 67 07-45
Mail: rechtsanwaelte@dres-schacht.de

Unsere weiteren Kompetenzen:

Aufsätze
für Unternehmer

Blog
Unternehmerrechte

Arbeitsrecht. Einfach erklärt.

Lese-Tipp: Nicht unterstrichene Begriffe finden Sie links:

Abfindung im Arbeitsrecht
Abmahnung
Änderungskündigung
Anforderungsprofil
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Arbeitsplatzabbau
Arbeitsplatzgarantie
Arbeitsrecht
Arbeitsvertrag
Arbeitszeitkonto
Aufhebungsvertrag
Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat
Ausländische Arbeitnehmer
Ausschlussfristen
außerordentliche Kündigung
Beschäftigungsverbot
Beteiligungsrechte
betriebliche Eingliederungsmanagement
betriebsbedingte Kündigungen
Betriebsfrieden
Betriebsrat
Betriebsübergang
Betriebsvereinbarungen
Beweislast
compliance
Darlegungs- und Beweislast
Direktionsrecht des Unternehmers
Datenschutz
Direktionsrecht
Eignungsmangel
Eingruppierung
Entgeltgestaltung
Entwicklungsklausel
Fortbildungskosten
fristlose Kündigung
Fristvertrag
Gehaltskürzungen
Höchstdauer der Befristung
Interessenausgleich
internal investigation
interne Ermittlung
Krankenhaus-Arbeitsrecht
Krankenhausträger
krankheitsbedingte dauerhafte Leistungsunfähigkeit
Kündigung
Kündigung ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer
Kündigungsschutzverfahren
leidensgerechter Arbeitsplatz
Leiharbeit
leistungsschwache Arbeitnehmer
leistungsschwacher Arbeitnehmer
Lohnkürzungen
low performer
Minderleistung
Minderungsrecht
Mindestlohn
Mindestlohngesetz
Mitarbeitervertretung
Personalrat
personenbedingte Kündigung
Präventionsverfahren beim Inklusionsamt
Schwerbehindertenvertretung
Sozialabgaben
Sozialauswahl
Sozialplan
Steuerhinterziehung
Störung des Betriebsfriedens
Überstunden
Umstrukturierung
Umstrukturierungsmaßnahmen
Unkündbarkeit
Unternehmer
Verdachtskündigung
verhaltensbedingte Kündigung
Versetzung
Videoüberwachung
Weiterbildungszeugnis
Zustimmungsverweigerung

Rechtsanwalt Stefan Schröter

Meine Kompetenzen:

Meine Assistentin:

Julia Reiser
Mail: j.reiser@dres-schacht.de
Telefon: 09831 / 67 07-14

„Masterclass“ Arbeitsrecht

Lange bevor der neue Mitarbeiter seinen Arbeitsvertrag unterschreibt, greift die sorgfältige Beratung des Unternehmers im Arbeitsrecht.
Dabei geht es auch um steuerrechtliche, unternehmensrechtliche und arbeitspsychologische Herausforderungen, bevor Teams eingerichtet oder Abteilungen auf- und andere abgebaut werden.