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Aufsichtsräte sind zur eigenständigen Risikoanalyse verpflichtet!

Die gescheiterte VW Übernahme durch Porsche hat im Jahr 2012 das Oberlandesgericht Stuttgart beschäftigt. Im Zuge der Verhandlungen hatte ein Mitglied des Aufsichtsrats der Porsche Automobil Holding SE eingeräumt, Probleme zu haben, das Vorgehen des Unternehmens zu erfassen und zu beurteilen.

Kann eine solche Aussage den Entlastungsbeschluss des gesamten Aufsichtsrates gefährden? Und wie wirkt es sich aus, wenn die Aussage nicht den Tatsachen entspricht?

Aufsichtsräte sind zur eigenständigen Risikoanalyse verpflichtet!

Anfechtung des Entlastungsbeschlusses bei Porsche:

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich mit der Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses durch eine Aktionärin der Porsche Automobil Holding SE beschäftigt. Konkret ging es um den Entlastungsbeschluss des Aufsichtsrates der Porsche Holding für das Geschäftsjahr 2008/2009. Dieser war am 21.01.2010 gefasst worden. Die Klägerin rügte unter anderem Pflichtverletzungen des Aufsichtsrates durch die sogenannten „Sardinien-Äußerungen“. Hon-Prof. Dr. techn. h.c. Ferdinand K. Piëch (Mitglied des Aufsichtsrates), hatte 2009 gegenüber der Presse erklärt, dass er sich keine Klarheit über die Risiken der Optionsgeschäfte von Porsche verschaffen konnte und auch nicht wisse, wie hoch die Risiken seien (OLG Stuttgart 29.02.2012, 20 U 3/11).

Welche Pflichtverletzung könnte der Aufsichtsrat begangen haben?

Nach § 111 Abs. 1 AktG ist der Aufsichtsrat zur Überwachung der Geschäftsführung des Vorstandes verpflichtet. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Kardinalpflicht des Aufsichtsrates. Wie intensiv und in welcher Art die Überwachung vorzunehmen ist, ist für den konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei gilt:

  • Je risikoreicher ein Geschäft ist, umso stärker hat der Aufsichtsrat das Geschäft zu überwachen.
  • Bei bedeutsamen Geschäften ist es nicht ausreichend, wenn der Aufsichtsrat sich auf Informationen des Vorstandes verlässt.
  • Der Sachverhalt muss durch den Aufsichtsrat selbstständig erfasst werden (OLG Stuttgart 29.02.2012, 20 U 3/11).

Betrifft die Pflicht zur Überwachung auch die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrates?

Ja! Nicht nur der Aufsichtsrat als Gesamtorgan ist zur Erfassung und Beurteilung der Geschäfte des Unternehmens verpflichtet, sondern auch seine Mitglieder.

Im vorliegenden Fall hat das OLG Stuttgart entschieden, dass Piëch soweit die Aussage der Wahrheit entspricht, seine Überwachungspflicht verletzt hat (OLG Stuttgart 29.02.2012, 20 U 3/11).

Liegt auch eine Pflichtverletzung vor, wenn die Aussagen des Aufsichtsratsmitgliedes nicht den Tatsachen entsprochen haben?

Selbst wenn es sich bei den Aussagen Piëchs um eine „kritisch-pointierte Meinungsäußerung“ gehandelt hat, nimmt das Gericht eine Pflichtverletzung an. Das OLG bewertet die Aussage wie folgt:

  • Ein verständiger Empfänger wird durch die Aussage den Eindruck bekommen, dass die Risiken des Optionsgeschäftes für niemanden abschätzbar sind, wenn schon ein erfahrenes Aufsichtsratsmitglied dazu nicht in der Lage ist.
  • Aufgrund der Tatsache, dass die Aussage gegenüber Medienvertretern getätigt wurde, konnte sie entsprechend verbreitet
  • Die Kreditwürdigkeit der Porsche Automobil Holding SE wurde somit zumindest gemäß § 824 BGB gefährdet.

Wie hat das Gericht für den konkreten Fall entschieden?

Das OLG Stuttgart nahm unabhängig davon, ob die Aussagen Piëchs inhaltlich zutreffend waren, eine schwerwiegende Pflichtverletzung an. Aufgrund der Eindeutigkeit einer Pflichtverletzung des entlasteten Aufsichtsratsmitgliedes erklärte das Gericht den Entlastungsbeschluss, der sich auf den gesamten Aufsichtsrat bezogen hatte, für nichtig (OLG Stuttgart 29.02.2012, 20 U 3/11).

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