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Familienrecht im Unternehmeralltag

Obwohl Unternehmer und Selbstständige im Scheidungsfall speziellen Risiken und Problemen ausgesetzt sind, sieht das Familienrecht keine individuellen Regelungen für Unternehmerehen vor. Um schwere finanzielle Verluste oder sogar eine Insolvenz zu vermeiden, ist eine anwaltliche Beratung ratsam!

Familienrecht: Hinweise für Unternehmer

I.   Die Besonderheiten der Unternehmerehe
II.  Der Ehevertrag in der Unternehmerehe
III. Unternehmerische Freiheit während der Ehe wahren
IV. Ausgleichsansprüche wegen Mitarbeit

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Familienrecht: Basics

© Dres. Schacht & Kollegen Rechtsanwälte

Unter den Begriff „Unternehmerehe“ fallen Ehen, in denen zumindest ein Ehegatte unternehmerisch tätig ist. Somit betreffen Unternehmerehen Freiberufler, Selbstständige, Inhaber von Handwerksbetrieben oder auch Gesellschafter.

1. Welche besonderen Risiken sind Unternehmer ausgesetzt?

Da das Familienrecht keine speziellen Regelungen für Unternehmerehen vorsieht, kann eine Scheidung, wenn kein umfassender Ehevertrag vorliegt, schnell zur Existenzbedrohung werden! Insbesondere wenn das Vermögen im Unternehmen gebunden ist, kann es zu schweren finanziellen Einbußen oder sogar zur Insolvenz kommen.

  • Das Unternehmen und sonstige Unternehmensbeteiligungen sind Vermögenswerte, die im Falle einer Scheidung für das Güterrecht (Zugewinnausgleich u.a.) relevant werden und sollten deswegen entsprechend geschützt werden.

2. Was muss beachtet werden, wenn nur ein Ehegatte Unternehmer ist?

Wenn eine Ehe zwischen einem Unternehmer und einer nicht-unternehmerisch tätigen Person geschlossen wird, muss eine Balance zwischen der Sicherung des Unternehmens und den Interessen des nicht-unternehmerisch tätigen Ehegatten gefunden werden.

3. Wie kann das Unternehmen bestmöglich gesichert werden?

Den bestmöglichen Schutz bietet ein individuell angepasster Ehevertrag! Das Gesetz sieht für Ehen drei verschiedene Güterstände vor.

Gemäß § 1408 BGB gilt der Grundsatz der Ehevertragsfreiheit. Eine Modifikation der Güterstände (durch einen Ehevertrag) ist demnach eine weitere Option. Allerdings ist zu beachten, dass die Vertragsfreiheit durch die Gerichte begrenzt wird. Unternehmerehegatten können also in Eheverträgen nicht beliebig und unbegrenzt alles zu ihrem Vorteil regeln

4. Was spricht gegen den Zugewinnausgleich?

Wenn Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1363 BGB leben, so ist im Falle einer Scheidung der Zugewinn während der Ehe auszugleichen. Ein Zugewinn ist der Mehrwert, den ein Ehegatte am Ende der Ehe im Vergleich mit seinem Vermögen bei Eheschließung hat.

Für Unternehmer ergeben sich dadurch folgende Probleme:

  • Zu den klassischen Vermögenswerten, die in die Berechnung des Zugewinns mit einfließen, gehören auch das Unternehmen und mögliche Unternehmensbeteiligungen.
  • Um den Ausgleich, an den nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten zahlen zu können, müssten im schlimmsten Fall Unternehmensanteile verkauft und das Unternehmen so aufgegeben oder zerstört werden.
  • Diese Problematiken ergeben sich ebenfalls, wenn der unternehmerisch tätige Ehegatte verstirbt. Der überlebende Ehegatte kann sich in diesem Fall für die „güterrechtliche Lösung“ nach § 1371 Abs. 2 und 3 BGB entscheiden und den „kleinen“ Pflichtteil und den Zugewinnausgleich verlangen. Das bedeutet schlimmstenfalls auch das Ende des Unternehmens.

5. Was spricht gegen die Gütertrennung?

Bei der Gütertrennung nach § 1414 BGB gibt es im Fall der Scheidung keinen Anspruch auf einen güterrechtlichen Ausgleich. Das Unternehmen ist bei einer Scheidung der Unternehmerehe nicht betroffen. Allerdings sprechen u. a. folgende Punkte gegen eine Gütertrennung:

  • Der Ehegatte, der während der Ehe keine nennenswerte Wertsteigerung des Vermögens hat (z. B. wegen der Kindererziehung), wird schlechter gestellt.
  • Wenn einer der Ehegatten während der Ehe verstirbt, hat der verbleibende Ehegatte keinen Anspruch auf einen güterrechtlichen Ausgleich!

Der Ehevertrag bietet vielfältige Möglichkeiten, das Unternehmen und anderweitige Unternehmensbeteiligungen für den Scheidungsfall ausreichend zu schützen.

1. Möglichkeit: Die Herausnahme von dem Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen aus der Zugewinnausgleichsberechnung

  • In diesem Fall findet ein Zugewinnausgleich statt. Das Unternehmen wird bei der Berechnung jedoch nicht mit einbezogen.
  • Um den nicht unternehmerisch tätigen Ehepartner nicht zu benachteiligen, sollte verhindert werden, dass die Modifikation zu seinem Nachteil ausgenutzt werden kann. Deswegen sollte schon während der Ehe genau geregelt werden, was zum privaten Vermögen (private Kapitalanlagen etc.) zählt und im Zugewinnausgleich zu beachten ist. Die Führung von unterschiedlichen Konten ist aus diesem Grund zu empfehlen!
  • Auch für den Todesfall kann das Unternehmen aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen werden.

2. Möglichkeit: Einigung auf einen Unternehmenswert oder eine Methode für dessen Berechnung

  • Die Ehegatten können sich im Ehevertrag einigen, dass das Unternehmen im Falle der Scheidung o.a. einen bestimmten Wert hat.
  • Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Ehegatten sich für den Fall der Scheidung auf eine Methode zur Berechnung des Unternehmenswerts (z.B. nach dem letzten Jahresumsatz vor der Trennung) einigen.

So sparen sie sich lange und kostspielige Gerichtsverfahren und Sachverständigengutachten, die den Unternehmenswert festlegen!

3. Möglichkeit: Vollständiger Ausschluss des Zugewinnausgleichs gegen Kompensationsleistungen

Der vollständige Ausschluss des Zugewinnausgleichs kommt für den Fall der Scheidung sowie für den Todesfall des Unternehmers in Betracht. Zu einer fairen Alternative wird der Ausschluss, wenn dem nicht unternehmerischen Ehegatten eine angemessene Kompensation angeboten wird.

4. Möglichkeit: Modifikation der Gütertrennung

Auch die Gütertrennung kann angepasst werden. Wenn weitere Leistungen ausgeschlossen werden sollen, muss allerdings auch eine entsprechende Kompensation festgelegt werden. Ansonsten läuft man Gefahr, dass der Ehevertrag nachträglich unwirksam erklärt wird.

In einer Zugewinngemeinschaft muss der Ehegatte nach § 1365 BGB in eine Verfügung seines Partners einwilligen, soweit das Vermögen als Ganzes oder zumindest ein Großteil des Vermögens betroffen ist.

  • Soweit der Unternehmer während der Ehe frei über das Unternehmen verfügen möchte, sollte der § 1365 BGB im Ehevertrag ausgeschlossen werden.

Wenn der Ehegatte im Unternehmen des Partners mitarbeitet, kann er unter Umständen im Falle einer Scheidung vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche geltend machen. Soweit der mitarbeitende Ehegatte kein Gesellschafter der Firma ist, kommen Ausgleichsansprüche nur über den Zugewinnausgleich in Betracht. In diesen Fragen wird die Frage relevant, ob und inwieweit der Ehegatte zu dem Wert des Unternehmens beigetragen hat. Ein solcher Anspruch ist besonders gefährlich, da er vielen Unternehmern nicht bekannt ist!

Laut dem Bundesgerichtshof (z.B. BGH 28.09.2005 – XII ZR 189/02) ist in Ausnahmefällen ein vermögensrechtlicher Ausgleich über die sogenannte Ehegatten-Innen-Gesellschaft möglich. Eine Ehegatten-Innen-Gesellschaft liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es existiert ein Unternehmen/Gesellschaft, dessen Inhaber/Betreiber nur einer der Ehegatten ist,
  • beide Ehegatten müssen Leistungen für das Unternehmen erbracht haben. Leistungen können in Form von Geld-, Arbeits- oder Sachleistungen vorliegen,
  • die Leistungen müssen einen Zweck verfolgen, der über den typischen Rahmen der Ehegemeinschaft hinausgeht und
  • die Ehegatten müssen sich über den Zweck und seine Umsetzung einig sein.

Um einen potenziellen Ausgleichsanspruch bestimmen zu können, steht dem Ehegatten ein Auskunftsanspruch über die Gewinne und Verluste des Unternehmens zu dem Zeitpunkt zu, als seine Mitarbeit in der Firma beendet wurde. Somit wird eine Vermögensbewertung des Unternehmens notwendig.

Die Ehegatten-Innen-Gesellschaft zeigt, dass Standardeheverträge für Unternehmerehen nicht ausreichen! Im Ehevertrag sollten aus der Sicht des Unternehmensinhabers Ansprüche aus der Ehegatten-Innen-Gesellschaft explizit ausgeschlossen werden. Gleichzeitig sollte der mitarbeitende Ehegatte durch die arbeitsrechtlichen Verträge oder im Ehevertrag zu vereinbarende Ausgleichszahlungen ausreichend abgesichert werden.